Türkei

Türkei

Türkei

Barış Altıntaş

Barış Altıntaş

Barış Altıntaş

Journalistin und Menschenrechtsverteidigerin

Journalistin und Menschenrechtsverteidigerin

Journalistin und Menschenrechtsverteidigerin

Türkei

Barış Altıntaş

Journalistin und Menschenrechtsverteidigerin

„Gegenüber den Akteuren der Zivilgesellschaft gilt: Geben Sie nicht auf!“

VITA

Barış Altıntaş ist eine in Istanbul lebende Journalistin und Menschenrechtsverteidigerin. Sie begann ihre berufliche Laufbahn mit Berichten über Politik, Frauenrechte und Wissenschaft für Medien wie die Economic News Agency (EBA) und die Turkish Daily News in Ankara und Istanbul. Im Laufe der Jahre arbeitete sie als freie Journalistin für internationale Plattformen wie die Tageszeitung und Index on Censorship und konzentrierte sich dabei auf die Pressefreiheit und den Rückschritt der Demokratie in der Türkei. Von 2016 bis 2018 arbeitete sie als Justizreporterin und berichtete über politische Prozesse und dokumentierte Verstöße gegen die Standards für faire Verfahren. Barış ist Mitbegründerin und derzeit Co-Direktorin der Media and Law Studies Association (MLSA), einer gemeinnützigen Organisation, die Journalisten und Aktivisten Rechtsbeistand bietet, eines der umfangreichsten Programme zur Beobachtung von Prozessen zur Meinungsfreiheit in der Türkei durchführt und Schulungen und Weiterbildungen für Menschenrechtsanwälte und Medienschaffende anbietet. Sie ist außerdem Gründungsmitglied des Balkan Network of Science Journalists (BNSJ). Barış engagiert sich für den Aufbau von Brücken zwischen Medien und Rechtsgemeinschaften und setzt sich für grundlegende Solidarität und Rechenschaftspflicht in einem zunehmend repressiven Umfeld ein.

Was war der Wendepunkt in Ihrer beruflichen Laufbahn, der Sie dazu bewogen hat, an der Schnittstelle von Medien, Recht und Menschenrechten zu arbeiten?

Ich würde sagen, es war die Erkenntnis, dass es eine "Teile-und-herrsche"-Mentalität gibt, die autoritäres Vorgehen und die Ausübung von Druck ermöglicht. Ich habe bis 2015 als Journalistin gearbeitet, dann bin ich in die Zivilgesellschaft gegangen und habe mich für Meinungsfreiheit und Journalismus eingesetzt. Kurz nach dem Putschversuch wurde mir klar, wie unglaublich wichtig die Arbeit der Zivilgesellschaft ist – etwas, das ich vorher vielleicht nicht in diesem Ausmaß erkannt hatte. Mit dem Putschversuch und einer immer strenger werdenden Regierung in der Türkei wurde die Notwendigkeit immer deutlicher. Es war ein Moment, der mir auch unsere Unzulänglichkeiten als Gesellschaft vor Augen führte, vor allem in Bezug auf die Gemeinschaft der Journalisten. Mit anderen Worten: Es war nicht nur der staatliche Druck nach dem Putschversuch 2016, der mich in diesen Bereich drängte – es war auch eine tiefe Frustration über die Fragmentierung innerhalb der Mediengemeinschaft selbst. Ich war entmutigt, als ich sah, wie Journalisten oft nicht über ideologische Grenzen hinweg zusammenhielten, selbst als ihre Kollegen verhaftet oder zum Schweigen gebracht wurden. Die Unfähigkeit, füreinander einzustehen, ganz gleich, wie sehr man die Politik oder die Ansichten des anderen missbilligte, war sehr frustrierend. Es gab kein gemeinsames Eintreten für grundlegende Werte wie Meinungsfreiheit und demokratische Rechenschaftspflicht. Diese Erkenntnis – die fehlende Einigkeit in Bezug auf grundlegende Prinzipien – hat mich dazu gebracht, MLSA mitzugründen. Wir wollten eine Organisation aufbauen, die neutral und prinzipienfest bleibt und jedem Journalisten oder Aktivisten Unterstützung bietet, dessen Fall unter Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention fällt, und zwar unabhängig von seinen Ansichten oder Zugehörigkeiten.

Wie unterstützt die Media and Law Studies Association Menschenrechtsverteidiger in der Türkei, und welche Auswirkungen hat dies auf die Widerstandsfähigkeit der Bürger?

MLSA arbeitet an mehreren Fronten. Wir bieten Journalisten, Akademikern, Künstlern und Aktivisten, die wegen der Äußerung ihrer Meinung rechtlich verfolgt werden, kostenlose rechtliche Unterstützung. Unser umfangreiches Prozessbeobachtungsprogramm dokumentiert Fälle zur Meinungsfreiheit in der gesamten Türkei. Darüber hinaus bieten wir Fähigkeitsentwicklung für Menschenrechtsanwälte und berufliche Weiterbildungsmöglichkeiten für Journalisten an. Durch Lobbyarbeit – sowohl im Inland als auch auf internationaler Ebene – verleihen wir denjenigen, die unter Druck stehen, mehr Gehör und tragen dazu bei, dass sie nicht isoliert bleiben. Dieses Unterstützungsnetz ermöglicht es Menschenrechtsverteidigern, ihre Arbeit fortzusetzen, was in einem zunehmend repressiven Umfeld für die Widerstandsfähigkeit der Bürger unerlässlich ist. Ein weiterer Bereich, in dem wir tätig sind, ist die Freiheit im Internet und der digitale Raum für die Bürger. Wir unterstützen auch zunehmend Organisationen der Zivilgesellschaft beim Aufbau ihrer Kapazitäten. Dies ist ein neuer Bereich, in dem wir uns mehr auf den Schutz kleinerer Organisationen mit Problemen bei staatlichen Überprüfungen konzentrieren wollen, denn LGBTQI+ und andere gefährdete Organisationen werden zunehmend mit böser Absicht ins Visier genommen.

Bei Ihrer Arbeit geht es oft um die Dokumentation von Rechtsverletzungen und die Sicherstellung fairer Prozessstandards. Inwiefern trägt dies dazu bei, Regierungen zur Rechenschaft zu ziehen, und auf welche systemischen Herausforderungen stoßen Sie in diesem Prozess?

Die Dokumentation von Prozessen und Rechtsverletzungen hat sowohl langfristig als auch kurzfristig eine große Wirkung. Unser Monitoring, das von Anfang an und kontinuierlich in unterschiedlichem Umfang von der Friedrich-Naumann-Stiftung unterstützt wurde, sowie unsere Berichte und Daten fließen in internationale Rechenschaftsmechanismen ein – insbesondere bei Eingaben nach Verordnung 9.2 an das Ministerkomitee des Europarats, das die Umsetzung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verfolgt. Solide, quantitative Daten sind in diesem Zusammenhang von entscheidender Bedeutung. Auf lokaler Ebene werden unsere Daten auch von Nichtregierungsorganisationen für ihre Lobbyarbeit und Forschung genutzt. Neben der Dokumentation ist auch die bloße Anwesenheit bei Anhörungen von Bedeutung – für die Angeklagten ist es ein Zeichen der Solidarität und für die Justiz eine Erinnerung daran, dass die Entscheidungen beobachtet werden. Wir versuchen auch, internationale Beobachter in die Gerichtssäle zu bringen, um die Sichtbarkeit und den Druck weiter zu verstärken. Diese Kombination aus Präsenz, Dokumentation und Lobbyarbeit ist unsere Art, uns gegen systembedingte Ungerechtigkeit zu wehren.

Wurden Sie persönlich schon einmal bedroht?

Ich habe keine direkten Drohungen erhalten, aber ich bin gelegentlich von Online-Trollen wegen unserer Arbeit angegriffen worden. Generell ist es sehr anstrengend, in einem rechtlichen Umfeld zu arbeiten, in dem Regeln willkürlich angewendet werden können. Die Unvorhersehbarkeit des Systems, insbesondere bei Fällen zur Meinungsfreiheit, schafft ein Klima der ständigen Unsicherheit. Das ist an sich schon eine Form von Druck – eine, die die Arbeit sowohl dringend als auch emotional anstrengend macht.

Was erwarten Sie von der internationalen Gemeinschaft, und was ist Ihre Botschaft an andere zivilgesellschaftliche Akteure in der Türkei und weltweit?

Wir erwarten von der internationalen Gemeinschaft ein nachhaltiges und prinzipientreues Engagement – nicht nur in Krisenzeiten, sondern als langfristiges Bekenntnis zu den Werten, die wir alle zu verteidigen behaupten. Das bedeutet politische Unterstützung, aber auch Finanzierungsstrukturen, die zugänglich und flexibel genug sind, um den Bedürfnissen der Organisationen an vorderster Front gerecht zu werden. Gegenüber den Akteuren der Zivilgesellschaft gilt: Geben Sie nicht auf!

Ein Angebot der

Türkei

Wir verarbeiten Ihre Daten und nutzen Cookies.

Wir nutzen technisch notwendige Cookies, um Ihnen die wesentlichen Funktionen unserer Website anbieten zu können. Ihre Daten verarbeiten wir dann nur auf unseren eigenen Systemen. Mehr Information finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen in Ziffer 3. Sie können unsere Website damit nur im technisch notwendigen Umfang nutzen.

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und unser Angebot für Sie fortlaufend verbessern zu können, nutzen wir funktionale und Marketingcookies. Mehr Information zu den Anbietern und die Funktionsweise finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen in Ziffer 3. Klicken Sie ‚Akzeptieren‘, um einzuwilligen. Diese Einwilligung können Sie jederzeit widerrufen.