Türkei

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Bülent Kılıç

Bülent Kılıç

Bülent Kılıç

Fotojournalist

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Bülent Kılıç

Fotojournalist

„Ich werde mit meinen Bildern weiterhin über den Kampf um Rechte berichten und dafür sorgen, dass er nie aufhört.“

VITA

Der 1980 in Dersim geborene Bülent Kilic ist Absolvent der Fakultät für Journalismus der Ägäis-Universität. Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2001 als Praktikant der Zeitung Evrensel und wechselte 2004 zu der Zeitung BirGün. Seit 2006 arbeitet Bülent Kilic für die Nachrichtenagentur Agence France Presse (AFP). In den folgenden Jahren hat er im Rahmen seiner Tätigkeit für AFP zahlreiche Kriege und soziale Unruhen miterlebt. Seit 2011 ist er in Syrien im Einsatz, wo er den Krieg seit Beginn des Konflikts bis zum heutigen Tag verfolgt. Bülent Kilic, der zudem auch über die Kriege im Irak und in der Ukraine berichtet hat, wurde von der World Press Photo Foundation in den Jahren 2015 und 2016 zweimal in verschiedenen Kategorien für seine Aufnahmen aus Syrien und der Ukraine und für seine Bilder von den Gezi-Protesten in Istanbul ausgezeichnet. Er ist zweimaliger Finalist des Pulitzer-Preises und hat darüber hinaus den Preis Visa d’Or pour l’Image gewonnen. Bülent Kilic arbeitet nach wie vor aktiv in Konflikt- und Krisenregionen und ist derzeit leitender Fotograf von AFP in der Türkei, wo er seinen Sitz im Istanbuler Büro hat.

Wie sind Sie Fotojournalist für Menschenrechte geworden?

Mein journalistischer Werdegang begann 1996. Als ich am Gymnasium war, wurde ein Journalist namens Metin Göktepe ermordet. Ich beschloss damals, Journalismus zu betreiben, und studierte dieses Fach an der Universität. Mit der Ausbildung an der Universität war ich jedoch nicht zufrieden, weshalb ich vom ersten Jahr an neben dem Studium auch für einige Zeitungen arbeitete und mich in einigen Straßenbewegungen engagierte. Ich begann diesen Beruf als ein Aktivist und ein Student, der sich eine demokratische, unabhängige Türkei wünschte und allmählich zu einem jungen Reporter heranwachsen wollte. 

Das erste, was auf der Straße gefordert wird, sind Menschenrechte. Hierfür engagiere ich mich bei meiner Arbeit an vorderster Front. Mein Ziel war es immer, einen Beitrag zum Kampf gegen die Verletzung von Menschenrechten zu leisten. Später kam ich zu der Entscheidung, dass Fotografieren als Ausdrucksform besser zu mir passte. Mein Interesse am Fotografieren ist nicht das Ergebnis eines visuellen Vergnügens oder meines übergroßen Interesses an Kunst. Es stammt vielmehr aus der Auseinandersetzung mit der Frage, wie ich jemandem ein Thema besser erklären könnte. Man kann eine Geschichte erzählen, indem man entweder schreibt oder Bilder macht. Fotografieren mag als schnellerer und bequemerer Weg erscheinen, doch gleichzeitig ist es auch sehr schwer, gute Bilder zu machen. Zudem kann ein Bild mehr erzählen als ein Artikel. In unserem Beruf geht es darum, darüber nachzudenken, was wir anderen Menschen gegenüber empfinden. Es ist der Weg, die eigene Geschichte oder das, was man mit seinem Herzen, seinem Kopf, seinen Gedanken und seinem Bewusstsein sieht, zu erzählen.

Das Bild wurde während eines Pride-Marsches aufgenommen, als die jungen Demonstranten darüber diskutierten, wie sie aus dem Land fliehen könnten, nachdem sie in Polizeigewahrsam genommen worden waren

Was waren die eklatantesten Menschenrechtsverletzungen, die Sie bisher dokumentiert haben?

Am 26. Juni 2022 wurde ich während der Pride-Parade in Istanbul verhaftet. Ich fotografierte die Polizeigewalt gegen Angehörige der LGBTI+ Community, die auf die Straße gingen und ihre Rechte einforderten. Während die Polizei die Protestierenden verhaftete, wurde auch ich zur Zielscheibe von Gewalt, woraufhin man mich festnahm. Wir saßen stundenlang im Polizeibus, und in dieser Zeit machte ich weiterhin Bilder von denen, die mit mir im Bus festgehalten wurden. Ich saß an der Tür und hörte den jungen Leuten zu, die versuchten, etwas frische Luft zu bekommen. Die jungen Leute sprachen darüber, in welches Land man am besten gehen oder aus welchem Land man am besten fliehen sollte, und mir gelang es, ein Bild von dieser Unterhaltung zu machen, ohne dass die Polizisten, die uns bewachten, etwas davon merkten. Das gewaltsame Vorgehen gegen diese jungen Leute, die die Pride Week feiern und für ihre Grundrechte eintreten wollten, hat mich sehr verletzt.

Wie beurteilen Sie das Umfeld für Journalisten und Journalistinnen in der Türkei?

Das Problem, mit dem sich jeder in diesem Land auf der Straße konfrontiert sieht, ist der Mangel an Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit. Er liegt wie eine schwarze Decke über uns. Pflichtbewusste demokratische Menschen suchen nach einer Lösung für dieses Problem, doch leider sieht es so aus, dass die Situation schlechter wird und Gesetzlosigkeit in allen Bereichen des Lebens stärker um sich greift. Eines der wichtigsten Instrumente im Kampf gegen diese Probleme ist die Zivilgesellschaft, aber in der Türkei ist der Spielraum für die Zivilgesellschaft stark eingeschränkt. Es gibt keine Beziehungen zwischen der Zivilgesellschaft und dem Staat.

Waren Sie wegen Ihrer Bilder oder wegen der Ereignisse, über die Sie berichtet haben, jemals Bestrafungen oder Ermittlungen ausgesetzt?

Ja, so etwas habe ich schon oft erlebt. Als Beispiel für die Probleme im Rechtssystem kann ich meinen aktuellen Prozess erwähnen. Ich stehe wegen angeblicher Gewalt gegen die Polizei unter Anklage, da ich Polizisten beschimpft und davon abgehalten haben soll, ihre Arbeit zu machen, kein Witz. Aufgrund des Zwischenfalls entschied das Verwaltungsgericht zu meinen Gunsten. Die Polizei wurde für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie meine Kamera zertrümmert hatte. Eine Woche später reichte ein anderer Staatsanwalt eine neue Klage ein. Er warf mir vor, Gewalt angewandt und die Polizei beschimpft zu haben, und ignorierte meine Strafanzeige. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie voreingenommen unsere Justiz ist. Ich habe wirklich Vertrauen in die Sensibilität der Öffentlichkeit in der Türkei. Die Menschen sind meine einzige Sicherheit, wenn ich meinen Job mache.

Was möchten Sie über Ihren Beruf sagen?

Wir sind Geschichtenerzähler. Früher, als es noch keine Fotografie gab, erzählten die Leute Geschichten in Form von Epen, Zeichnungen und Gemälden. Alle Gemälde aus der Zeit der Renaissance erzählen uns immer eine Geschichte, in der es meist um einen Kampf um Rechte geht. Heute übernehmen Fotografien diese Funktion. Malen oder Fotografieren ist die Macht der Ästhetik, und die Geschichte, die damit erzählt wird, macht diese Werke unvergänglich. Ich beschreite diesen Weg ebenfalls und werde mit meinen Bildern weiterhin über den Kampf um Rechte berichten und dafür sorgen, dass er nie aufhört.
 

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