Indien

Zum Tode verurteilt

Zum Tode verurteilt

Eine Studie zur psychischen Gesundheit von Häftlingen in der Todeszelle

Eine Studie zur psychischen Gesundheit von Häftlingen in der Todeszelle

Sie sind vernachlässigt und missbraucht, von Ängsten geplagt und von der Gesellschaft verstoßen. Häftlinge, die auf der Todesbank sitzen, erfüllen häufig nicht das Stereotyp des aggressiven, empathielosen Straffälligen. In einer indischen Studie werden die verschiedenen Lebensgeschichten und sozialen Realitäten von 88 inhaftierten Straftäterinnen und Straftäter untersucht. Der Untersuchungsgegenstand lag auf den Lebenswegen sowie darauf, die Häufigkeit psychischer Erkrankungen, geistiger Behinderungen und mentaler Folgen des Todestraktes zu ermitteln.  

Negative Kindheitserfahrungen: 48 Häftlinge wurden als Kind missbraucht, 64 vernachlässigt, 73 wuchsen in einem gestörten Familienumfeld auf und 46 hatten weniger als 10 Jahre Schulbildung. 73 Häftlinge waren 3 oder mehr negativen Kindheitserfahrungen ausgesetzt. Solche Erfahrungen sind Risikofaktoren für Gewalt und psychische Störungen im späteren Leben.  

Psychische Erkrankungen: Bei 62,2 % der nicht zum Tode verurteilten Häftlinge wurde mindestens eine psychische Störung diagnostiziert. Unter den 88 Häftlingen waren die häufigsten psychiatrischen Krankheiten schwere depressive Störungen (30), generalisierte Angststörungen (19) und substanzbedingte Störungen (18). 6 wurden mit einer Psychose diagnostiziert. 17 waren kognitiv eingeschränkt. Bei 31,7 % wurde eine Doppeldiagnose gestellt und 9,75 % hatten 3 oder mehr komorbide psychische Störungen. 34 wurden als suizidgefährdet eingestuft; 8 hatten einen Suizidversuch hinter sich. 

Geistige Behinderung: Bei 9 Häftlingen wurde eine geistige Behinderung festgestellt und über 75 % wiesen kognitive Defizite auf. Obwohl die Verhängung der Todesstrafe bei Menschen mit geistigen Behinderungen nach internationalem Recht verboten ist, wurde das Gericht bei diesen 9 Häftlingen nicht auf deren Behinderung aufmerksam gemacht. Das Gnadengesuch von dreien dieser Häftlinge wurde vom Präsidenten abgelehnt.

Die psychischen Qualen der Todesstrafe: Soziale Isolation, Gewalt durch Strafvollzugsbeamtinnen und -beamte, Diskriminierung aufgrund des Status als zum Tode Verurteilte und mangelnde Beschäftigung gehen mit psychischen Störungen einher. 94,1 % der suizidgefährdeten Häftlinge litten außerdem unter „death-row distress“ (psychische Belastung und negative Reaktionen, die im Zuge des Todesurteils und des Verbleibs im Todestrakt erlebt werden). 

Qual als Strafe: Bei 60 % von den 88 interviewten Häftlingen wurde die Todesstrafe entweder umgewandelt oder sie wurden vom obersten Gericht freigesprochen. Von den 19 Häftlingen wurden 13 freigesprochen und bei 18 von den 33 Häftlingen, deren Strafe umgewandelt wurde, konnte mindestens eine psychische Störung diagnostiziert werden. Wenn wir Qual als Strafe hinnehmen, sind 60 % der Häftlinge völlig unnötig durch diese Qual gegangen.

Kriminelle auf ihre Straftaten zu reduzieren ist einfach. Mögliche Gründe dafür, warum sie Verbrechen begangen haben, sollen diese weder rechtfertigen, noch entschuldigen. Nichtsdestotrotz verlangt die Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen, die Indien unterschrieben aber noch nicht ratifiziert hat, die Wahrung der Menschlichkeit, individuelle Lebenserfahrungen sowie psychische und geistige Einschränkungen in die Urteilsentscheidung einzubeziehen. Gefangene im Todestrakt sollten nicht länger dehumanisiert werden, sondern als Individuen betrachtet und entsprechend behandelt werden.  

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