Dieses Buch ist eine Chronik einer beispiellosen Enthüllung von Folter, die in russischen Gefängnissen stillschweigend legalisiert wurde. Ein gewöhnlicher junger Mann aus Belarus, Sergei Savelyev, geriet aufgrund einer erfundenen Drogenanklage in ein russisches Gefängnis und erlebte zunächst selbst den blutigen Albtraum der „Umerziehung“. Später, als er mit administrativen Aufgaben im Gefängniskrankenhaus betraut wurde, erhielt er Zugang zu einem umfangreichen Videoarchiv, das im System des Federal Penitentiary Service (Russischer Föderaler Strafvollzugsdienst) gespeichert war. Diese Aufnahmen, die mit Wissen der Gefängnisbehörden gemacht wurden, zeigten, wie Menschen geschlagen und vergewaltigt wurden.
Savelyev gelang es nicht nur, Kopien des Archivs an die Freiheit zu schmuggeln und sie unter dem Pseudonym „Trojan“ öffentlich zu machen. Er entging nicht nur der Rache mehrerer russischer Behörden, sondern blieb auch der Mensch, der er war – unfähig, Grausamkeit gleichgültig zu betrachten.
Ich war fast ein gewöhnlicher 23-jähriger Junge aus Minsk. Arbeit, Universität, Computer, Musik und Literatur – das war damals mein Leben. Mit diesem Alter hatte ich mich bereits einigen Freundinnen und Freunden gegenüber geoutet, und das Atmen fiel leichter. In Minsk gab es viele LGBTIQ+-Orte, und meine Wochenenden verbrachte ich dort.
Ich war weit entfernt von allem – Medien, Politik, Menschenrechte. Alles schien mir nicht zusammenhängend. Ich nahm nicht am politischen Leben in Belarus teil. Verhaftungen, Zensur, die Zerstörung des Journalismus, strenge Gesetze gegen Proteste – all das tötete die Bereitschaft, sich zu äußern. Selbst an den Protesten im Jahr 2010 nahm ich nicht teil. Offen zu sprechen war gefährlich für Gesundheit und Freiheit; alle Belarussen wussten das.
Also lebte ich einfach mein Leben und kannte Gefängnisse nur aus Filmen. Und doch bewegte ich mich bereits – unbewusst – in Richtung Stacheldraht. Habe ich an die Zukunft gedacht? Kaum. Das Leben verlief seinen gewohnten Gang: bescheidene Arbeit, Überstunden, kein Urlaub, nur Geld sparen für Studium und Kredite.
Meinungsfreiheit und Medienfreiheit